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Ich werde häufig gefragt: „Darf ich Folien, Skripte oder Aufgabenblätter an eine KI schicken, damit ich schneller Karteikarten bauen kann? Und wie ist das in der Bachelorarbeit?“
Kurz: Es kommt auf Urheberrecht, Prüfungsregeln, Datenschutz und die genutzte KI-Umgebung an. Im Zweifel lieber anonymisieren, nur Auszüge nutzen oder vorher fragen – besonders bei Abschlussarbeiten. Die wichtigsten Punkte und eine Checkliste findest du unten.
1) Darf ich Materialien aus der Lehrveranstaltung an eine KI hochladen?
Urheberrecht: In Deutschland erlaubt § 60a UrhG die Nutzung innerhalb der Lehre und der Hochschule (z. B. in Lernplattformen wie Moodle) – nicht die Weitergabe an Dritte oder öffentliche Plattformen. Ein Upload zu einem externen KI-Dienst ist in der Regel keine interne Nutzung und kann die Schrankenregel übersteigen. (Gesetze im Internet)
Hochschul-Policies: Viele Hochschulen raten Studierenden, keine vollständigen, urheberrechtlich geschützten Lehrmaterialien in generative KI hochzuladen; Nutzungen sollten kursorisch, begründet, transparent und mit Prüfung/Überarbeitung erfolgen. Die LMU weist zudem auf Lerneinbußen bei zu starker Auslagerung hin. (LMU CMS)
Datenschutz & Cloud: Generative KI arbeitet fast immer serverseitig. Selbst bei „sicheren“ Lizenzen wandern Inhalte in die Cloud und zurück – daher niemals personenbezogene Daten Dritter oder interne Dokumente ohne Rechtsgrundlage hochladen. (gsi.uni-muenchen.de)
Pragmatische Faustregel:
- Grün: Eigene Notizen, stark gekürzte/paraphrasierte Auszüge ohne personenbezogene Daten, mit Quellenangabe.
- Gelb: Kurze Ausschnitte (<< 15 %) aus Folien nur, wenn keine Weitergabe an Dritte erfolgt und Zweck klar ist.
- Rot: Ganze Foliensätze, Übungs- und Prüfungsaufgaben, nicht veröffentlichte Skripte, interne Handouts. → Nicht hochladen, besser um Erlaubnis fragen. (Gesetze im Internet)
Hinweis: Das ist keine Rechtsberatung. Im Zweifel gelten Prüfungsordnung, Modulhandbuch und konkrete Vorgaben der Lehrperson.
2) Was ist bei der Bachelorarbeit besonders zu beachten?
Transparenz & Zitation: Wenn du KI als Werkzeug nutzt (z. B. Gliederungsideen, Sprachfeedback), dokumentiere Tool, Datum/Version, Zweck im Abschnitt „Einsatz von KI“. Übernommene nicht-abrufbare KI-Textstellen gelten als persönliche Kommunikation (nur im Text nennen; kein Eintrag im Literaturverzeichnis). Retrievable KI-Quellen (mit fester URL/DOI) kannst du normal referenzieren (z. B. „OpenAI, 2025“). (APA Style)
Daten & Vertraulichkeit: Rohdaten (v. a. personenbezogene oder betriebliche Daten) nicht in Public-KI hochladen. Wenn ein Unternehmens- oder Behördenpartner beteiligt ist: Vertraulichkeitsvereinbarungen beachten, ggf. Enterprise-/API-Lösungen mit klaren Datenschutzklauseln nutzen – oder lokal arbeiten. (Hochschulforum Digitalisierung)
Didaktik & Qualität: Die LMU empfiehlt explizit, Ergebnisse generativer Modelle kritisch zu prüfen sowie wesentlich zu verändern und zu erweitern – der Lerneffekt entsteht durch eigenständiges Schreiben. Das gilt in der Abschlussarbeit doppelt. (LMU CMS)
3) Typische Fehler von KI beim Erstellen von Karteikarten & Zusammenfassungen
- Halluzinierte Fakten/Begriffe – plausible, aber falsche Aussagen. EU-Datenschützer monieren fortbestehende Genauigkeitsprobleme. (Reuters)
- „Sauberer Stil, falscher Inhalt“ – sprachliche Glätte verdeckt inhaltliche Fehler. (Reuters)
- Verwechslung von Theorien/Konzepten – z. B. Autor:innen, Jahreszahlen, Schulen werden vermischt.
- Fehlerhafte Ableitungen – aus Beispielen werden unzulässige Generalisierungen.
- Scheingenauigkeit bei Zahlen – exakte Prozentwerte oder n-Zahlen ohne Quelle.
- Falsche oder erfundene Literaturangaben – „Reference hallucinations“ (Titel/DOIs). (The Guardian)
- Kontextverlust – Begriffe werden außerhalb des Fachkontexts erklärt.
- Unzureichende Anonymisierung – „entpersonalisierte“ Beispiele lassen Re-Identifikation zu.
4) Kann man KI „zuverlässig“ für korrekte Referenzen nutzen?
Als Formatierhilfe – ja. Als Quelle – nur mit Kontrolle.
- Für APA-Formatierung oder das Umschreiben bereits recherchierter Quellen kann KI unter Aufsicht helfen. Maßgeblich bleibt aber APA 7 (Blog/Manual), nicht die KI-Antwort. (APA Style)
- Für Quellenrecherche ist KI ungeeignet ohne Gegencheck: Genauigkeitsdefizite und Fantasiereferenzen sind dokumentiert; verwende Bibliothekskataloge, Crossref/DOI-Suche, Fachdatenbanken – und prüfe jeden Eintrag. (Reuters)
5) Praxis-Checkliste (für dich & deinen Lebenslauf)
- Vorher fragen: Gilt in meinem Kurs eine explizite KI-Policy? Wenn unklar, Dozierende ansprechen. (ASH Berlin)
- Urheberrecht beachten: Keine ganzen Foliensätze/Skripte hochladen; nur eigene Notizen oder stark gekürzte Auszüge. (Gesetze im Internet)
- Anonymisieren & minimieren: Nur das Nötigste, keine personenbezogenen oder vertraulichen Daten.
- Sichere Umgebung: Wenn KI nötig ist, Enterprise/API mit klaren Datenschutzregeln nutzen – Public-Chats vermeiden. (Hochschulforum Digitalisierung)
- Dokumentieren: Tool, Datum/Version, Zweck; bei Abschlussarbeiten Anhang mit Prompts/Antworten. (APA Style)
- Alles prüfen: Fakten, Zitate, Zahlen gegen Originalquellen verifizieren. (Reuters)
- KI nicht dämonisieren: Bewusst nutzen – wie bei Social Media, nur einen Tick vorsichtiger.
- Referenzen sicherstellen: Erst recherchieren (Kataloge/DOI), dann formatieren lassen, schließlich manuell gegenprüfen.
- Lernen sichern: Karteikarten als Startpunkt, nicht als Endpunkt – eigene Beispiele/Abgrenzungen ergänzen.
- Transparenz wahren: Offenlegen, wo KI dir geholfen hat – das zahlt auf Integrität ein. (APA Style)
Transparenz: Einsatz von KI (Beispieltext für deine Arbeit)
„Ich habe ChatGPT (OpenAI, 28.10.2025) für Ideenfindung, Strukturvorschläge und stilistisches Feedback genutzt. Inhalte wurden eigenständig geprüft, überarbeitet und mit Primärquellen belegt. Keine vertraulichen oder personenbezogenen Daten wurden eingegeben. Prompt-Auszüge dokumentiere ich im Anhang.“ (APA Style)
Forschungstagebuch (Auszug)
- 28.10.2025: Häufung von Fragen zu Uploads von Lehrmaterialien an KI-Dienste; Unsicherheit v. a. bei Urheberrecht und Cloud-Verarbeitung.
- Beobachtung: Viele Risiken sind organisatorisch lösbar (Policies, Enterprise-Lösungen), die fachliche Qualität bleibt das Kernprüffeld.
- Nächster Schritt: Workshop „KI in Studium & Abschlussarbeit – legal, sauber, nützlich“ mit Fallbeispielen und Live-Checks.
Leitfragen
- Welche Daten müssen wirklich in die KI, damit ich einen Nutzen habe?
- Welche Rechte und Pflichten gelten für mein konkretes Lehrmaterial?
- Wie dokumentiere ich KI-Einsatz so, dass er nachvollziehbar und prüfbar ist?
Literatur (APA)
- § 60a Unterricht und Lehre (UrhG). https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__60a.html (Gesetze im Internet)
- Antwort Online-Material f. Teilnehmer – Universität Bremen. https://www.uni-bremen.de/urheberrecht/leitfragen/6-einstellen-in-das-internet/antwort-online-material-fuer-teilnehmer (Universität Bremen)
- Empfehlungen zum Umgang mit generativen und anderen KI-Tools (LMU). https://cms-cdn.lmu.de/media/04-som/dss/downloads/empfehlungen-zum-umgang-mit-generativen-und-anderen-ki-tools.pdf (LMU CMS)
- Leitlinien zum Umgang mit generativer KI – HFD Blickpunkt. https://hochschulforumdigitalisierung.de/wp-content/uploads/2024/02/HFD_Blickpunkt_KI-Leitlinien_final.pdf (Hochschulforum Digitalisierung)
- APA Style Blog – How to cite ChatGPT. https://apastyle.apa.org/blog/how-to-cite-chatgpt (APA Style)
- EDPB ChatGPT Taskforce – Report/Overviews. https://www.edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/other/report-work-undertaken-chatgpt-taskforce_en; https://www.reuters.com/technology/eu-data-protection-board-says-chatgpt-still-not-meeting-data-accuracy-standards-2024-05-24/ (EDPB)
- Beispiel Hochschul-Leitlinie (KSH München). https://www.ksh-muenchen.de/fileadmin/Documents/KSHPlus/Pruefungsamt_Muenchen/KSH_Leitlinie_Anwendung_KI_Tools.pdf (KSH München)
Prüfprotokoll
Status: Erste veröffentlichungsreife Fassung für den KI Kompass.
Checks: Rechtslage (UrhG § 60a) verlinkt; aktuelle Hochschul-Leitlinien und APA-Vorgaben referenziert; Genauigkeitsrisiken mit EDPB/Reuters belegt.
Datum: 28.10.2025


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