Der KI Kompass für Studierende

Ein KI-Buch- und Blog-Projekt von Dr. Stephan Pflaum

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„Ich will, dass der KI-Hype aufhört :/“

So schrieb ein:e Studierende:r in die Befragung.

Warum du KI trotzdem nicht nutzen musst, aber solltest und wie du ihr in deinem Tempo begegnest

Teaser

Ich verstehe den Wunsch: „Bitte, lasst den KI-Hype vorbeiziehen.“ Ehrlich gesagt: Er wird wohl so schnell nicht enden. Wir stehen eher am Anfang einer Welle – und ich hoffe ohne Crash wie nach der Dot-Com-Blase. Wichtig ist mir: Du musst KI nicht nutzen, um gut zu studieren, zu denken und zu schreiben. Du darfst dich bewusst entscheiden – und trotzdem informiert bleiben. In diesem Beitrag zeige ich dir, wie du Nein, Vielleicht oder Ja, aber kontrolliert sagen kannst – und wie du deine Entscheidung selbstbewusst nach außen vertrittst.


Hinführung: Hype ≠ Zwang

KI ist eine Basistechnologie wie einst der Buchdruck oder später das Internet. Das bedeutet: Sie prägt unseren Alltag – ohne dass jede:r sie ständig aktiv nutzen muss. Zwei Dinge können gleichzeitig wahr sein:

  1. Die Welle läuft weiter. Forschung, Produkte und Jobs verändern sich.
  2. Du behältst die Wahl. Niemand kann dir Denken, Stil und Urteil abnehmen. Dein Studium bleibt ein Ort, an dem du deine Stimme ausbildest.

Erstes Prinzip: Du musst KI nicht nutzen

Wenn dich KI sprachlich „glatt, aber seelenlos“ zurücklässt: Es ist legitim, Abstand zu halten. Drei Mindest-Kompetenzen reichen für viele Kontexte völlig aus – auch ohne eigene Tool-Nutzung:

  • KI-Lese-Kompetenz: Du verstehst Grundbegriffe (Halluzination, Trainingsdaten, Bias), erkennst Grenzen und kannst Resultate Dritter kritisch prüfen.
  • KI-Diskurs-Kompetenz: Du kannst erklären, warum du KI meidest (z. B. Stil, Lernziele, Datenschutz) – ohne anti-technisch zu wirken.
  • KI-Ethik-Kompetenz: Du kennst die typischen Risiken (Vertraulichkeit, Urheberrecht, Fairness) und handelst verantwortungsvoll.

Bewerbungstauglich formuliert:
„Ich setze derzeit keine generativen KI-Tools in der Texterstellung ein, weil mir eigene Stimme und Nachvollziehbarkeit wichtig sind. Ich bringe jedoch KI-Lese- und Diskurskompetenz mit: Ich kann Ergebnisse prüfen, Risiken benennen und sinnvolle Einsatzfelder beurteilen.“


Zweites Prinzip: Du darfst KI im eigenen Tempo testen

Wenn du vielleicht offen bist, probiere eine Behutsamkeits-Leiter – jede Stufe ist ein legitimes Ziel:

  1. Beobachten statt benutzen: Lies Beispiele, höre Erfahrungsberichte. Keine Accounts, kein Upload.
  2. Offline-Simulation: Formuliere Fragen an eine hypothetische KI – beantworte sie selbst. Das schärft Prompting als Denktechnik, ohne ein Tool zu öffnen.
  3. Low-Risk-Test: Nutze eine abgesicherte Umgebung (z. B. Campus-/Enterprise-Lizenz) für nicht-sensible Aufgaben: Gliederungsalternativen, Synonyme, Lernfragen.
  4. Sparring statt Ghostwriting: Schreibe zuerst selbst; bitte dann um Gegenargumente, Beispiele oder Lückenhinweise.
  5. Revisions-Modus: Lass dir nur Prüffragen und Checklisten geben – keine fertigen Absätze.

Drittes Prinzip: Wenn du Ja, aber kontrolliert sagst

Dann gilt mein Sparringpartner-Protokoll:

  • Ich bleibe die Autorin/der Autor. KI ist Resonanzraum, nicht Stimmgabel.
  • Ich teile spärlich. Keine personenbezogenen oder vertraulichen Daten; Auszüge statt Volltexte.
  • Ich dokumentiere kurz. Tool, Datum/Version, Zweck – das schafft Transparenz.
  • Ich prüfe Quellen. Fakten belege ich mit Primärliteratur, nicht mit KI-Antworten.
  • Ich entkopple Stil und Inhalt. KI darf auf Ideen zielen, nicht auf meinen Stil.

„KI schreibt gut, aber nicht schön“ – so bleibt deine Stimme hörbar

  • Erst Rohtext, dann Resonanz: Schreibe 10–15 Minuten frei, dann höchstens Rückfragen der KI.
  • Verbiete Stil-Verschmelzung: „Gib mir nur Gegenargumente/Beispielquellen – keine Umformulierungen.“
  • Stil-Garantie: Halte ein kleines Stil-Manifest (3–5 Regeln), z. B.: kurze Sätze, aktive Verben, anschauliche Beispiele, keine Floskeln.
  • Lernanker: Notiere was du verstanden hast – nicht was die KI formuliert hat.

Risiko–Nutzen bewusst abwägen (mein Dreieck)

  • Nutzen: Tempo, Struktur, Ideensprung, Fehlersuche.
  • Gefahr: Inhaltsfehler/Halluzinationen, Stil-Verebnung, Abhängigkeit, Datenabfluss.
  • Sicherheit: Wenig Daten, geschützte Umgebungen, Offenlegung, konsequente Gegenprüfung.

Deine Entscheidung ist gut, wenn sie zu deinen Lernzielen passt und du sie begründen kannst.


Bachelorarbeit: Wenn’s „ernst“ wird

Auch hier gilt: Du musst KI nicht nutzen. Wenn doch, dann so, dass deine Eigenleistung sichtbar bleibt:


Zehn Leitregeln für einen souveränen Umgang – auch wenn du überwiegend „Nein“ sagst

  1. Dein Tempo zählt – nicht das Tempo des Hypes.
  2. Ziel klären: Lernen, verstehen, denken schlägt abgeben, beschleunigen, glätten.
  3. Daten knapp halten – lieber Paraphrasen/Skizzen als Volltexte.
  4. Kein Ghostwriting – KI liefert Fragen, Beispiele, Gegenargumente; die Stimme gehört dir.
  5. APA-sauber – KI-Texte nie als Quelle „an sich“; immer Primärquellen prüfen und korrekt zitieren.
  6. Transparenz kurz & klar – Tool/Datum/Zweck notieren.
  7. Fehler erwarten – Halluzinationen sind normal; prüfe systematisch.
  8. Stil schützen – formuliere zuerst selbst, lasse höchstens Hinweise geben.
  9. Grenzen anerkennen – sensible Daten bleiben draußen; im Zweifel: Lehrperson fragen.
  10. Neugierig bleiben – auch ohne Nutzung informiert sein (KI-Lese-Kompetenz).

Forschungstagebuch (Auszug)

  • Oktober 2025: „Ich will KI nicht nutzen – Punkt.“ Auffällig: Der Druck entsteht weniger aus Prüfungen, mehr aus sozialem Vergleich („Alle machen’s“).
  • Meine Antwort: Eigenes Tempo + informierte Entscheidung. Wer seine Gründe klar benennen kann, wirkt nicht altmodisch, sondern souverän.
  • Unsere Seminarreihe hilft

Leitfragen

  • Welche Lernziele verfolge ich – und hilft mir KI dabei wirklich?
  • Wo droht KI, meine Stimme zu glätten oder mein Denken zu ersetzen?
  • Wie formuliere ich meine Entscheidung (Nein/Vielleicht/Ja) selbstbewusst im Seminar oder Bewerbungsprozess?

Literatur – weiterführend

  • [How to cite ChatGPT] (APA Style Blog). (apastyle.apa.org)
  • [Privacy in Context: Technology, Policy, and the Integrity of Social Life] (Stanford University Press). (Stanford University Press)
  • [Diffusion of Innovations, 5th Edition] (Official Publisher Page, Simon & Schuster/Free Press). (Simon & Schuster)
  • [New AI Literacy Framework to Equip Youth in an Age of AI] (OECD Edutoday – Überblick zum OECD/EC-Vorhaben „AI Literacy“). (oecdedutoday.com)
  • [Blickpunkt – Leitlinien zum Umgang mit generativer KI] (Hochschulforum Digitalisierung, PDF). (Hochschulforum Digitalisierung)
  • AI-Literacy-Startseite des gemeinsamen OECD/EC-Frameworks [Home | AILit Framework]. (ailiteracyframework.org)

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